Es ist Wochenende und das Arbeitsjahr 2022 ist inzwischen 5 Arbeitswochen alt. Im Beitrag von vor fünf Wochen habe ich meiner Hoffnung Ausdruck verliehen, die Tests in der Schule meiner Kinder mögen von guter Qualität sein, damit die Corona-Testungen in der Schule kein Blindflug sein mögen. Meine Hoffnung hat sich erfüllt. Das ist ganz grundsätzlich mal eine gute Nachricht. Ohne wenn und aber eine gute Nachricht: Die verwendeten Tests schlagen an. Was ich auch im Beitrag von vor fünf Wochen hervorgehoben hatte war die Frage nach der Corona-bedingten Definition von „es brennt“ im Zusammenhang mit Schulen offen halten oder vielleicht doch besser (oder notgedrungen) schließen.
Aber alles hat zwei Seiten, so wie jede Wurst zwei Enden hat. Die Kehrseite der Guten Nachricht ist schlicht, es werden jede Menge positive Testergebnisse erzeugt, was in diesem Fall ja eher negativ ist.
Wir sollten alle gemeinsam froh sein, wenn in Schulen, wie in der unserer Kinder, viel getestet und damit auch gefunden wird. Ich bin darüber froh. Und ich hoffe, dass in allen Schulen analog verfahren wird.
Ich selbst sitze ja (wie im Übrigen auch meine Frau) im Homeoffice und habe damit keinen direkten physischen Kontakt zu hunderten Kollegen. Man kann nicht sagen, ich sei isoliert, denn die tägliche Arbeit über Remote-Workshops und Tele- bzw. Videokonferenzen kann nicht mit Isolation gleichgesetzt werden. Dennoch ist die physikalische Umhüllung des Einzelnen mit schlichtem, in physikalischer Einheit Meter messbarem Abstand zu anderen Menschen natürlich schon als eine Art Isolierung zu verstehen, aber eher so, wie die Kabelhülle das Kabel isoliert. Der messbare Abstand zu anderen Menschen ist die Kabelhülle gegen den pandemischen Kurzschluss. Wie groß wäre der pandemische Kurzschluss in Infektionszahlen, wenn all jene, die heute im Homeoffice arbeiten, diese physikalisch distanzierte Form der Arbeit nicht aufrecht erhielten? Wir werden es nie genau beziffern können.
Wir hatten uns mit den Kindern in 2021 gemeinsam eine (lokale) 7-Tage-Inzidenzgrenze von 300 gesetzt, an der wir festmachen, ob eine Teilnahme unserer Kinder und von uns am Training im Vereins-Sport möglich sei. Sobald die lokale Inzidenz die 300er Grenze überschreitet wollten wir unsere Trainingsteilnahme absagen. Dies war zu einem Zeitpunkt im vergangenen Herbst, als die Inzidenzwerte bundesweit etwa bei 200 bis 250 lagen.
Die aktuellen Zahlen für die 7-Tage-Inzidenz liegen bei uns Lokal (=im Landkreis) heute bei ~ 1360, bundesweit heute bei knapp 1475. Das ist die andere Seite. Die täglichen Ist-Zahlen zu Corona-Lage spiegeln die puren Fakten unter Ausschluss etwaiger (aber mit Sicherheit existierender) Dunkelziffern wider. Die Dunkelziffer dürfte, nach allen regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung, unter Omikron auch deutlich höher sein als unter Delta.
Die Lage ist also weiterhin keineswegs entspannt. Die Zahlen sprechen nominell definitiv den Wortsinn „pandemische Lage nationaler Tragweite“. Seit Silvester 2021 steigen die Infektionszahlen steiler als je zuvor, in den letzten Woche scheint sich eine Verflachung des Anstiegs abzuzeichnen was für die Prognose spricht, Ende Februar / Anfang März könnte ein Rückgang der Infektionszahlen zu erwarten sein.
Aber wir sind deutlich über unserer innerfamiliären Grenzziehung von 300. Wir haben diese Grenze aufgegeben. Die Kinder sind weiter täglich in der Schule, wo inzwischen, wegen des Infektionsgeschehens dort, täglich getestet wird. Damit sind die Kinder im Vergleich zu uns Eltern quasi unter einem täglichen Corona-Monitoring. Solange sie also weiter negative Testergebnisse vorweisen, und solange die Vereine bei Vereinstraining ebenfalls Kontrolle vornehmen auf den Test- und Impfstatus, solange ist die weitere Isolation der Kinder aus dem Vereinstraining nach unserer Auffassung in der Gesamtschau kontraproduktiv.
Ja, wir haben die Lage neu bewertet und unsere Limits verschoben, oder gar aufgegeben. Eine Lage neu zu bewerten steht uns in unserem Ermessensspielraum frei. Das muss auch für politisch Verantwortliche gelten.
Im Sinne meines Beitrags von vor fünf Wochen kann ich die ersten Wochen des Jahres 2022 konstatieren, dass ich meinem Vorsatz treu geblieben bin, Argumente in Form von Zahlen und neuen Situationen sprechen zu lassen und sie, in den Kontext gestellt, abgewogen und gewichtet zu haben.
Dass dazu auch (Kurs-)Korrektur gehört, ist jedem Seefahrer leicht eingänglich. Nur den (oft blinden) Landratten scheint das manchmal zu schwer zu fallen, besonders wenn man den Wald vor Bäumen nicht sieht.